Grundlagen
Einführung
Willkommen in Welt der Fotografie. Mit dem Aufkommen der digitalen Fotografie hat sich das Verhältnis der Menschen zu Fotos grundlegend verändert. War früher das Fotografieren eher einer kleinen Gruppe vorbehalten, so ist es heute ein Tummelfeld der Massen. Täglich werden Millionen von Fotos geschossen und in Windeseile verbreitet. Nahezu Jede und Jeder trägt den Fotoapparat in Form eines Smartphones dauernd bei sich. Das Erstellen von guten Bildern ist zum Kinderspiel geworden. Die Bereitschaft zu fotografieren und fotografiert zu werden hat zugenommen. Das zeigt sich nicht zuletzt in den vielen Selfies, die mit grosser Selbstverliebtheit in sozialen Netzwerken verbreitet werden. Frau und auch Mann übt sich fast täglich im Posieren, stellen sich dar und stellen dar.
Die Industrie hat sich diesem Trend angeschlossen und Fotoapparate entwickelt, die das Handwerk zum (vermeintlichen) Kinderspiel machen. Automatik allenthalben, die Wissen um fotografische Zusammenhänge überflüssig macht und Ergebnisse hervorbringt, die sich durchaus sehen lassen können.
Und doch lohnt sich das Erlernen des Handwerks. Wieso?
Weil das Wissen um Blende, Verschlusszeit, Bildaufbau etc. zu den Fotos führt, die aus der Masse der guten Bilder als sehr gute Bilder hervorragen. Und weil das Wissen zusätzliche Facetten der Fotografie erschliesst und neue Möglichkeiten eröffnet. Und schliesslich macht Wissen auch Freude.
Was macht ein gutes Foto aus?
Eine Fotografie wird dann als gut empfunden, wenn
- => das Motiv scharf abgebildet ist
- => das Bild nicht zu dunkel oder zu hell ist
- => die Aufnahme keinen Farbstich aufweist
Diese Elemente lassen sich während der Aufnahme (oder der nachträglichen Bildbearbeitung) beeinflussen. Wobei der Aufwand beim Fotografieren in der Regel kleiner ist als beim Nachbearbeiten.
Die Schärfe eines Bildes lässt sich mit folgenden Elementen bei der Aufnahme beeinflussen:
- => Verschlusszeit
- => Tiefenschärfe (hängt von der Blende und der Brennweite ab)
Die korrekte Belichtung wird dann erreicht, wenn die Lichtmenge, die auf den Sensor («den Film») fällt, stimmig ist. Diese Lichtmenge lässt sich mit folgenden Elementen beeinflussen:
- => Verschlusszeit
- => Blende
- => «Filmempfindlichkeit» (Empfindlichkeit des Sensors)
Das Bild weisst dann keinen Farbstich auf, wenn der richtige «Film» eingelegt ist, respektive der Weissabgleich korrekt eingestellt ist.
Viele der genannten Elemente beeinflussen einander gegenseitig. So kann Bewegungsunschärfe mit einer kurzen Verschlusszeit vermieden werden. Um genügend Licht zu erhalten, muss dabei die Blende geöffnet werden, was sich wiederum negativ auf die Tiefenschärfe auswirkt. Und im Ergebnis erhalten wir trotzdem ein unscharfes Bild.
Jetzt lässt sich einwenden, dass die für ein korrektes Bild notwendigen Einstellungen von der Kameraautomatik ermittelt werden und dann «automatisch» ein gutes Bild (scharf abgebildetes Motiv, korrekte Belichtung, kein Farbstich) entsteht. Dies ist wohl richtig. Doch vielleicht möchten Sie nicht einfach ein gutes Bild, sondern ein spezielles Bild. Eines, das sich aus der Masse heraushebt. Und genau dafür müssen Sie selber gestalten, müssen Sie die Automatik überlisten. Und das wiederum können Sie erfolgreich nur, wenn Sie die grundlegenden Elemente der Fotografie verstehen. Und dazu gehören (alphabetisch):
- => Blende
- => Brennweite
- => Verschlusszeit
- => Tiefenschärfe
- => Weissabgleich
- => ISO-Empfindlichkeit
Blende
Die Blende ist die mechanische Vorrichtung im Objektiv, über die sich die Weite der Objektivöffnung regeln lässt. Über einen Lamellenverschluss wird die Öffnung verkleinert bzw. vergrößert.
Mit der Blende ist die Öffnung im Objektiv gemeint und somit die Menge an Licht, die durch die teilweise Schließung der Öffnung einfallen kann.
Über die Blende kann man steuern, wie viel Licht auf den Bildsensor fällt. Der Bildsensor benötigt eine bestimmte Menge an Licht, um ein Bild erfassen zu können - sprich um ein richtig belichtetes Foto zu erstellen.
Anstelle von (Blenden)zahlen werden bei Kameras oftmals auch Symbole für Blendenwerte/Lichttemperatur angezeigt.
Im obigen Beispiel steht "Sonne" für einen grossen Blendenwert (= geschlossene Blende/kaltes Licht) und die "Glühbirne" für eine kleinen Blendenwert (= offene Blende/ warmes Licht).
Tiefenschärfe (Schärfentiefe)
Die Tiefenschärfe (Synonym: Schärfentiefe) ist der Bereich, der in einer Fotografie scharf abgebildet wird (Ausdehnung im Objektraum). Er ergibt sich aus dem Blendenwert, der Brennweite und der Entfernung des Motivs von der Kamera. Dabei beeinflusst die Blendenöffnung die Tiefenschärfe am meisten. Je mehr abgeblendet wird, desto grösser ist die Tiefenschärfe.
Die Öffnung der Blende bestimmt die Tiefenschärfe eines Fotos.
Je offener (kleiner Blendenwert) die Blende eingestellt ist, desto geringer fällt die Schärfentiefe aus. Je geschlossener (grosser Blendenwert) die Blende eingestellt ist, desto grösser ist die Schärfentiefe.
Grosse Tiefenschärfe erzeugen das Gefühl von:
- => Raum
- => Weite
- => Dynamik
Kleine Tiefenschärfen erzeugen das Gefühl von:
- => Enge
- => Fokussierung
- => Ruhe
Je grösser der Aufnahmeabstand ist (Abstand zwischen Kamera und Motiv), desto grösser wird die Tiefenschärfe bei gleicher Blendeneinstellung.
Je grösser die Brennweite, desto geringer die Tiefenschärfe bei gleicher Blendeneinstellung.
("je mehr Zoom, desto weniger Tiefenschärfe")
Die wahrgenommene Tiefenschärfe reicht hinter dem scharfgestellten Motiv weiter als vor dem Motiv. Als Faustregel gilt: 1/3 vor dem Motiv, 2/3 hinter dem Motiv.
Je grösser der Bildsensor ist, desto gezielter kann die Tiefenschärfe eingesetzt werden. Handys erzeugen in der Regel ein Bild, welches von vorne bis hinten scharf abbildet.
Verschlusszeit
Die Verschlusszeit regelt, wie lange Licht auf den Sensor fällt, wie lange die Objektivöffnung geöffnet bleibt.
Das Licht fällt durch den Schlitzverschluss (oder den Zentralverschluss) auf den Sensor.
Dazu bleibt dieser eine gewisse Zeit ganz offen (lange Verschlusszeiten) oder er öffnet sich nicht ganz (kurze Verschlusszeiten).
Beispiel Schlitzverschluss:
Die Verschlusszeit wird in Sekunden/Sekundenbruchteilen eingestellt.
Die Verschlusszeit wirkt sich auf die Bildschärfe / Bewegungs(un)schärfe aus.
Die maximale Verschlusszeit die ohne Verwackeln „gehalten“ werden kann ist der Kehrwert aus dem Produkt von Brennweite und dem Crop-Faktor (crop = beschneiden) (Verlängerungsfaktor). Im Falle einer Brennweite von 100mm und einem Crop-Faktor von 1.5 (Nikon DX Kameras) müsste also eine Verschlusszeit von 1/150 oder kürzer eingestellt werden.
Je kürzer die Verschlusszeit gewählt wurde, desto geringer ist das Risiko von Bewegungsunschärfe.
Je weiter entfernt sich das bewegende Motiv von der Kamera entfernt befindet, desto geringer ist das Risiko der Bewegungsunschärfe.
Je kleiner der Winkel zwischen Kamera und bewegtem Motiv ist, desto geringer ist das Risiko der Bewegungsunschärfe.
Mitziehen der Kamera mit dem bewegten Motiv (in der Bewegungsrichtung) "friert" das Motiv ein und "bewegt" den Hintergrund.
Bewegte Motive, die unscharf abgebildet werden, erhöhen die Bilddynamik.
Bewegte Motive die mit Hilfe "Mitziehens" abgebildet werden, erhöhen die Bilddynamik.
ISO-Empfindlichkeit
Die "Filmempfindlichkeit" steht in der digitalen Fotografie für die Lichtempfindlichkeit des Bildsensors. Gemessen wird sie in ISO-Zahlen.
Je höher die Zahl desto "empfindlicher" der Sensor. Eine Verdoppelung des Wertes bewirkt in etwa dasselbe wie eine Erhöhung um eine Blendenstufe oder eine Verdoppelung der Verschlusszeit. Je "empfindlicher" also der Sensor, desto geringer die benötigte Menge Licht aus der Kombination Blende/Verschlusszeit.
Je höher der ISO-Wert, desto "grobkörniger" das Foto. Eine hohe ISO Einstellung lässt das Foto "rauschen" (Bildrauschen).
Bildrauschen lässt sich selten kreativ einsetzen und sollte nach Möglichkeit vermieden werden.
Brennweite
Die Brennweite bezeichnet den Abstand vom Eintritt des Lichtes auf einer Linse bis zu dem Punkt, wo diese gebündelt auf den Sensor treffen. Je kürzer diese Distanz ist, desto weiter ist der Blickwinkel, je grösser diese Distanz ist desto enger ist der Blickwinkel. Bezogen auf ein Motiv in einer festen Entfernung von der Kamera bedeutet das, dass das Motiv mit zunehmender Brennweite auch grösser abgebildet wird.
Die Brennweitenangaben stammen aus der Zeit der analogen Fotografie und beziehen sich auf das Kleinbildformat (24×36mm) oder gleich ausgelegte Vollformat-Sensoren. Ein Objektiv mit 50mm Brennweite entspricht wird als Normalobjektiv bezeichnet, weil es Motiv so abbildet, dass das Foto unserem normalen Sehempfinden entspricht. Bei kleineren Sensoren (bsp. APS-C / 16,7x25,1mm) entspricht dasselbe Objektiv, bezogen auf die Abbildungsgrösse der Motive, einem Objektiv mit 75mm Brennweite. Damit befinden wir uns im leichten Telebereich. Der Umrechnungsfaktor (in diesem Fall 1.5) wird Crop-Faktor genannt.
Objektive mit Brennweiten kleiner als 50mm bezeichnet man als Weitwinkelobjektive, solche mit Brennweiten grösser als 50mm als Teleobjektive. Dies bezogen auf das Kleinbild-, Vollformat.
Weitwinkelobjektive vergrössern den Blickwinkel, Teleobjektive engen ihn ein.
Je länger die Brennweite, desto näher rücken Vorder- und Hintergrund zusammen und desto geringer wird die Tiefenschärfe bei gleichbleibender Blende. Es entsteht ein Gefühl von Nähe. Umgekehrt nimmt die Tiefenschärfe bei gleichbleibender Blende zu, je kürzer die Brennweite des Objektivs ist. Es entsteht ein Gefühl von Weite.
Je länger ein Objektiv ist, desto schwieriger ist es, dieses beim Auslösen der Aufnahme ruhig zu halten und ein Verwackeln zu vermeiden. Durch entsprechendes Verringern der Verschlusszeit kann der Gefahr des Verwackeln entgegengetreten werden. Als Faustregel gilt, dass Aufnahmen aus der Hand gelingen, wenn eine Verschlusszeit gewählt wird, die dem Wert 1/f (1/Brennweite) entspricht. Bei Kameras mit APS-C-Sensoren muss der Crop-Faktor miteinberechnet werden.
Weissabgleich
Unterschiedliche Lichtquellen haben unterschiedliche Farbtemperaturen. Diese werden in Kelvin gemessen. Mittleres Sonnenlicht hat eine Farbtemperatur von ca. 5500 Kelvin, ähnlich wie Blitzlicht. Eine Kerze hat eine Farbtemperatur von ca. 1500 Kelvin, eine Glühlampe ca. 3500, eine neutralweisse Leuchtstofflampe ca. 4000 und Nebel, Dunst bis ca. 7500 Kelvin.
Je kleiner der Kelvin Wert, desto wärmer das Licht.
Der automatische Weissabgleich bei Digitalkameras versucht nun diese unterschiedlichen Farbtemperaturen auszugleichen und die Farbinformationen so zu speichern, dass das Bild bezüglich Farbdarstellung dem natürlichen Sehempfinden entspricht. Die Kamera sucht nach Bildbereichen bei denen gleiche Anteile von Rot, Grün und Blau vorhanden sind. Diesen wird von der Kamerasoftware ein neutrales Grau zugewiesen. Diese Automatik funktioniert sehr zufriedenstellend. Einzig bei Mischlicht (Lichtquellen mit unterschiedlichen Farbtemperaturen) kann es zu Farbstichen kommen. Diese lassen sich in der Regel gut und einfach in der Bildbearbeitung korrigieren.
Wird in Räumen, die mit warmen Lichtquellen (Bsp. Glühlampen) ausgeleuchtet sind, geblitzt, so kann es sein, dass die Aufnahmen einen Gelbstich aufweisen. Diese Farbverschiebung kann man über eine manuelle Veränderung der Farbtemperatur korrigieren. Die Einstellung lässt sich in Kelvin oder über Symbole (Sonne, Glühbirne etc.) verändern. Auch bieten viele Kameras eine Weissabgleichsfunktion. Diese muss aktiviert werden. Anschliessend wird ein weisses Papier fotografiert. Die Kamera merkt sich dieses Weiss und stellt die Farbtemperatur entsprechend ein.
Bei den meisten Kameras ist der Weissabgleich auf automatisch eingestellt. Die Kamera sucht nach Bildbereichen bei denen gleiche Anteile von Rot, Grün und Blau vorhanden sind. Diesen wird von der Kamerasoftware ein neutrales Grau zugewiesen. Dieses Vorgehen führt nicht in allen Aufnahmesituationen zum gewünschten Resultat. Alternativ kann der Weissabgleich auch manuell eingestellt werden. Etwa indem man den korrekten Kelvin-Wert der Lichtquelle einstellt oder eine Voreinstellung (Tageslicht, Schatten, Bewölkt, Kunstlicht, Blitz, Kerzenlicht etc.) wählt.
Auflösung
Jeder Kamera ist als eine Eigenschaft die maximal mögliche Bildauflösung zugeordnet. Sie wird in Pixel angegeben und gibt an, aus wie vielen Bildpunkten (Pixel) sich eine Aufnahme zusammensetzt. Angegeben wird die maximale Anzahl Bildpunkte in der Horizontalen und die maximale Anzahl der Bildpunkte in der Vertikalen.
Je Bildpunkt werden Informationen zu Farbe und Helligkeit desselben gespeichert.
Kameras mit einer maximalen Auflösung von 6000x4000 Pixeln lassen Bilddateien mit 24‘000‘000 Pixeln zu.
Je mehr Pixel gespeichert werden, desto mehr Bildinformationen lassen sich in der Bildbearbeitung nutzen und verarbeiten.
Allein die maximale Auflösung sagt nichts über die Qualität der Kamera aus. Diese hängt von weiteren Faktoren wie Fokussystem, Grösse des Sensors, interne Signalverarbeitung, Objektiv etc. ab.
Dateiformate
Die Bildinformationen werden aus dem Kamerasensor gelesen und in einem bestimmten Dateiformat auf der Speicherkarte abgelegt. Kameras besitzen üblicherweise die Möglichkeit, dass gewünschte Dateiformat vorzugeben. Dabei stehen vielfach JPG in verschiedenen Auflösungen und ein RAW-Format zur Auswahl.
Beim letztgenannten Format handelt es sich um das sogenannte Rohdatenformat. Werden Bilder mit diesem gespeichert, so werden die Details der Aufnahme veränderbar, das heisst der Bildbearbeiter kann wesentliche Elemente des Bildes gezielt bearbeiten. Dateien im Rohdatenformat benötigen viel Platz.
Werden Bilder im JPG-Format gespeichert wird erstmal weniger Platz benötigt. Gleichzeitig stehen nicht sämtlich Bildinformationen einer Bearbeitung offen. Und schliesslich ist JPG ein nicht verlustfrei komprimiertes Dateiformat. Das bedeutet, dass Dateien aufgrund der Komprimierung mit jeder Bearbeitung an Information und damit an Bearbeitungsspielraum verlieren. Dies passiert bereits während des Speicherns der Datei auf der Speicherkarte. Allerdings haben JPG-Dateien den Vorteil, dass sie bereits nach dem ersten Speichern als Foto verfügbar sind. RAW-Dateien müssen vor der Verwendung mit einem speziellen Konverter weiterverarbeitet und in einem anderen Format abgespeichert werden, bevor sie als Fotos genutzt werden können.